Sicherstellung – Ein Fall aus unserer Praxis
Was war passiert?
Unser Mandant war im Internet auf einen hochwertigen VW Touareg zu einem guten Preis gestoßen. Er nahm den weiten Weg nach Hamburg auf sich, um das Fahrzeug zu erwerben. Vorab hatte er sich Bilder der Zulassung und des Ausweises des Verkäufers schicken lassen und wähnte sich im guten Glauben. Der Verkauf lief dann auch zunächst reibungslos, Geld und Fahrzeug wechselten den Besitzer. Noch vor Ort kamen unserem Mandanten Zweifel an der Richtigkeit der Fahrzeugpapiere. Er begab sich daraufhin zur Polizei und dann nahm das Schicksal seinen Lauf.
Die Zulassungsbescheinigung – obgleich auf originalem Papier – und der gezeigte Ausweis des Verkäufers waren gefälscht. Das Fahrzeug war durch die Audi Bank finanziert und stand in deren Sicherungseigentum. Die Käuferin hatte das Fahrzeug unter zumindest fragwürdigen Umständen vermietet. Das Fahrzeug wurde daher durch die Polizei sichergestellt. Die Staatsanwaltschaft Hamburg teilte unserem Mandanten mit, dass man beabsichtigt, dass Fahrzeug an die Audi Bank herauszugeben. Unser Mandant wandte sich hilfesuchend an uns.
Was wir getan haben?
Wir sind dem Antrag auf Herausgabe an die Audi Bank entgegengetreten und haben einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 111o StPO gestellt.
Zur Begründung haben wir ausgeführt, dass das Fahrzeug gemäß § 111n Abs. 1 StPO an den letzten Gewahrsamsinhaber, also unseren Mandanten, herauszugeben ist. Ein möglicher Eigentumsanspruch der Audi Bank ist nicht offenkundig und daher nicht relevant.
Zudem haben wir dargelegt, dass unser Mandant gutgläubig Eigentum am Fahrzeug gemäß § 932 BGB erworben hat. Er hat die Originalschlüssel, Fahrzeugpapiere und einen ADAC-Gebrauchtwagenkaufvertrag erhalten, und der Verkäufer war als Eigentümer eingetragen gewesen. Es lagen nach unserer Auffassung keine Anhaltspunkte für grobe Fahrlässigkeit vor, da alle erforderlichen Prüfungen durchgeführt wurden. Wir forderten daher die Herausgabe des Fahrzeugs an unseren Mandanten.
Die Entscheidung
Das Amtsgericht Hamburg hat am 15.08.2024 (168 Gs 1479/24) entschieden, dass die Herausgabe des sichergestellten Fahrzeugs VW Touareg an die Audi Bank rechtswidrig ist.
Die Eigentümerstellung der Audi Bank wurde durch diese nicht hinreichend glaubhaft gemacht, um das Eigentum offenkundig im Sinne von § 111n Abs. 4 StPO zu belegen.
Das Gericht folgte unserer Auffassung, dass auch nicht offenkundig ist, dass unser Mandat das Fahrzeug nicht gutgläubig gemäß §§ 929, 932 BGB erworben hat. Es bestünden keine Anhaltspunkte für einen Ausschluss des gutgläubigen Erwerbs gemäß § 935 BGB. Ob die vorgelegten gefälschten Fahrzeugpapiere und der fotografierte Ausweis des Verkäufers für einen gutgläubigen Erwerb ausreichen, sei nicht abschließend geklärt und ist einem zivilrechtlichen Verfahren vorbehalten.
Das Ergebnis
Das Fahrzeug wurde inzwischen an unseren Mandanten herausgegeben und konnte durch diesen nach einem entsprechenden Verfahren der Zulassungsbehörde auf ihn zugelassen werden. So nahm der Fahrzeugkauf für ihn doch noch ein glückliches Ende.
Was dieser Fall zeigt:
Die Rechtslage in diesen Fällen ist kompliziert. Hier überlagern sich Strafrecht und Zivilrecht. Ob ein wirksamer Eigentumserwerb stattgefunden hat, hängt von der Frage ab, ob das Fahrzeug gutgläubig nach den Vorschriften des BGB erworben wurde. Das bedeutet der Käufer ging davon aus, dass der Verkäufer der zum Verkauf berechtigte Eigentümer ist. Guter Glaube alleine hilft jedoch nicht, wenn das Fahrzeug abhandengekommen – sprich gestohlen wurde. Liegt ein Diebstahl vor, ist grundsätzlich kein Eigentumserwerb möglich. Anders bei der Unterschlagung. Ob Diebstahl oder Unterschlagung vorliegt, ist eine Frage des Strafrechtes, die nicht immer leicht zu beantworten ist.
Strafprozessual sind dann nach Akteneinsicht die erforderlichen Anträge zu stellen und gegebenenfalls auch Rechtsmittel einzulegen.
Deshalb ist es wichtig frühzeitig einen Fachanwalt für Strafrecht zu kontaktieren, damit dieser die Rechtslage prüft und die erforderlichen Schritte einleitet. Auf die rechtliche Beurteilung durch die Staatsanwaltschaft sollte man keinesfalls ohne kompetente Prüfung vertrauen, wie unser Fall zeigt.
Die Erfahrung zeigt, je früher die Beauftragung erfolgt, umso größer ist die Chance die Weichen frühzeitig in die richtige Richtung zu lenken.
Autorin: Rechtsanwältin Nadja Langer – Fachanwältin für Strafrecht