Der Kauf eines Grundstücks ist oft der erste große Schritt zum Traum vom Eigenheim oder zum Investitionsprojekt. Doch was passiert, wenn nach dem Notartermin unerfreuliche Überraschungen auftreten – etwa Altlasten im Boden, eine fehlende Baugenehmigung für bestehende Gebäude oder ein verdeckter Wasserschaden? Können Käufer bei Mängeln Gewährleistungsrechte geltend machen?
In der Praxis ist es üblich, dass in Grundstückskaufverträgen eine Klausel aufgenommen wird, mit der die Gewährleistungsrechte der Käufer ausgeschlossen werden. Diese vertraglichen Ausschlüsse sind rechtlich grundsätzlich zulässig – und führen in vielen Fällen dazu, dass Käufer tatsächlich keine Gewährleistungsansprüche geltend machen können, selbst wenn ein Mangel vorliegt.
Doch es gibt Ausnahmen – und die können es in sich haben. Dieser Beitrag zeigt, in welchen Fällen dennoch eine Haftung gegeben ist, was genau eine Beschaffenheitsvereinbarung bedeutet – und warum Arglist das gesamte Haftungsgeflecht durchbrechen kann.
Grundsatz: Haftungsausschluss ist üblich – und wirksam
Nach § 433 Abs. 1 Satz 2 BGB ist der Verkäufer grundsätzlich verpflichtet, dem Käufer eine mangelfreie Sache zu verschaffen. Dies gilt auch beim Grundstückskauf. Allerdings vereinbaren die Vertragsparteien in Grundstückskaufverträgen regelmäßig den Ausschluss der Sachmängelhaftung – und das ist rechtlich zulässig (§ 444 BGB).
Typischer Klauseltext:
„Das Grundstück wird verkauft wie es steht und liegt. Jegliche Sachmängelhaftung ist ausgeschlossen, soweit nicht nachstehend etwas anderes vereinbart ist.“
Ein solcher Haftungsausschluss erfasst grundsätzlich alle Sachmängel, sofern sie nicht arglistig verschwiegen wurden oder Gegenstand einer Beschaffenheitsvereinbarung sind.
Ausnahme 1: Beschaffenheitsvereinbarung
Die wichtigste Ausnahme vom Haftungsausschluss ist die sogenannte Beschaffenheitsvereinbarung nach § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB.
Was ist das?
Eine Beschaffenheitsvereinbarung liegt vor, wenn sich der Verkäufer verbindlich zu bestimmten Eigenschaften des Grundstücks oder der vorhandenen Bebauung äußert – und diese Erklärungen Vertragsinhalt werden. Maßgeblich ist, wie die Angaben nach dem objektiven Empfängerhorizont des Käufers (§§ 133, 157 BGB) zu verstehen sind.
Beispiele für Beschaffenheitsvereinbarungen:
– „Das Grundstück ist frei von Altlasten.“
– „Das Gebäude ist vollständig genehmigt.“
– „Das Haus ist unterkellert (trocken).“
Solche Vereinbarungen müssen grundsätzlich ausdrücklich im Kaufvertrag festgehalten sein, um eine verbindliche Beschaffenheit im Sinne von § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB zu begründen.
Daneben kann sich eine Beschaffenheit auch aus öffentlichen Äußerungen des Verkäufers ergeben (§ 434 Abs. 1 Satz 3 BGB) – etwa in einem Maklerexposé oder einer Anzeige –, sofern diese nicht vor Vertragsschluss wirksam berichtigt oder widerrufen wurden. Dies ist in der Praxis insbesondere dann relevant, wenn der Verkäufer selbst oder in seinem Namen werbend auf bestimmte Eigenschaften hinweist.
Ausnahme 2: Arglist
Eine weitere gesetzlich geregelte Ausnahme ergibt sich aus § 444 BGB, wonach ein Haftungsausschluss nicht greift, wenn der Verkäufer einen Mangel arglistig verschweigt.
Was bedeutet Arglist?
Der Verkäufer weiß entweder bewusst von einem Mangel oder hält ihn zumindest für möglich, verschweigt ihn aber, obwohl er erkennt, dass der Käufer ihn für seine Kaufentscheidung für erheblich halten würde. Dabei reicht bedingter Vorsatz aus, der Verkäufer muss den Mangel also nur für möglich halten und nicht positiv kennen.
Beispiele für arglistiges Verhalten:
– Der Verkäufer kennt Altlasten aus früheren Gutachten und teilt sie nicht mit.
– Eine vorhandene Bebauung wurde ohne Genehmigung errichtet, der Käufer wird aber nicht darüber informiert.
– Es liegt ein verdeckter Feuchtigkeitsschaden im Keller vor, der bewusst nicht offengelegt, häufig sogar überstrichen wird.
In solchen Fällen können Käufer ungeachtet eines vertraglichen Haftungsausschlusses auf Gewährleistung klagen.
Wichtig ist auch die Auswirkung auf die Verjährung:
Grundsätzlich verjähren Ansprüche wegen Sachmängeln beim Grundstückskauf gemäß § 438 Abs. 1 Nr. 2 BGB in fünf Jahren ab Übergabe. Wird jedoch ein Mangel arglistig verschwiegen, beginnt die Verjährung gemäß § 438 Abs. 3 BGB erst mit der Kenntnis des Käufers vom Mangel und der Arglist. Das kann den Zeitraum für die Geltendmachung erheblich verlängern.
Keine Gewährleistung bei bloßen Erwartungen
Oft haben Käufer bestimmte Vorstellungen von der Nutzung des Grundstücks – etwa, dass darauf ein Mehrfamilienhaus errichtet werden kann oder ein bestehendes Gebäude weiter nutzbar ist. Diese Erwartungen allein begründen jedoch keine Gewährleistungsrechte, wenn sie nicht vertraglich vereinbart wurden.
Ein häufiger Fehler in der Praxis: Käufer verlassen sich auf mündliche Aussagen des Verkäufers oder Maklers – zum Beispiel zur Bebaubarkeit oder Genehmigungslage –, ohne diese im Kaufvertrag zu fixieren. Doch nur das, was im Vertrag steht, zählt.
Rechtssicherheit durch gute Vorbereitung – für Käufer und Verkäufer
Wer ein Grundstück oder ein bebautes Objekt kauft, sollte genau prüfen (lassen), welche Eigenschaften zugesichert sind – und welche nicht.
Für Käufer heißt das:
– Kaufverträge vor der Beurkundung sorgfältig prüfen
– Relevante Eigenschaften vertraglich fixieren (z. B. Genehmigungen, Altlastenfreiheit, Zustand des Kellers).
– Aussagen von Verkäufern, Maklern oder Dritten nur dann als gesichert ansehen, wenn sie ausdrücklich im Vertrag oder Exposé enthalten sind.
– Bei bestehenden Gebäuden: Einen Sachverständigen zur Besichtigung hinzuziehen, um etwaige Baumängel oder sonstige Risiken rechtzeitig zu erkennen.
Für Verkäufer heißt das:
– Bekannte Mängel offenlegen – auch wenn sie subjektiv als unerheblich erscheinen.
– Vorsicht bei pauschalen Aussagen zur Beschaffenheit; keine ungeprüften Zusicherungen machen.
– Durch eine klare und ausgewogene Vertragsgestaltung Haftungsrisiken wirksam begrenzen.
Fazit für die Praxis: Die meisten Grundstückskaufverträge enthalten wirksame Haftungsausschlüsse – aber sie gelten nicht schrankenlos. Wer rechtzeitig für Klarheit sorgt, sichert sich entscheidende Vorteile – ob als Käufer oder Verkäufer.
Autorin: Karen Faehling, Rechtsanwältin – alpha Rechtsanwälte PartG mbB