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Die VOB/B – Kein Gesetz, sondern ein Vertragswerk, das Einfluss auf Bauverträge hat

Es gibt eine weit verbreitete Vorstellung, dass die VOB/B (Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen, Teil B) ein Gesetz sei – doch das ist nicht der Fall! Die VOB/B ist vielmehr ein Vertragswerk...

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Es gibt eine weit verbreitete Vorstellung, dass die VOB/B (Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen, Teil B) ein Gesetz sei – doch das ist nicht der Fall! Die VOB/B ist vielmehr ein Vertragswerk, das von den Parteien eines Bauvertrags einbezogen werden kann, aber nicht muss. In vielen Bauverträgen ist sie jedoch der Standard und regelt die Beziehungen zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer. Doch was genau bedeutet das für die Praxis? Wie wird die VOB/B entwickelt, wie wird sie wirksam in einen Vertrag integriert?

Was ist die VOB/B und warum ist sie keine gesetzliche Vorschrift?

Die VOB/B ist ein wichtiges Regelwerk im Bauwesen, das allgemeine Bedingungen für die Ausführung von Bauleistungen enthält. Das Regelwerk wird nicht vom Gesetzgeber erstellt, sondern von verschiedenen Fachleuten aus der Baubranche. Dies umfasst Verbände, Bauingenieure und Juristen, die zusammen die VOB/B immer wieder an neue Entwicklungen anpassen. Sie wurde erstmals in den 20er Jahren entwickelt, nachdem das Bedürfnis der Baupraxis nach klaren und einheitlichen Regelungen durch das noch junge BGB nicht erfüllt wurde. Sie regelt zum Beispiel, wie Bauaufträge durchgeführt werden sollen, welche Rechte und Pflichten die Vertragspartner haben und wie mit Problemen wie Mängeln und Verzögerungen umgegangen wird. Die Regelungen sind deutlich ausdifferenzierter als die Vorschriften des BGB. Doch im Unterschied zu Gesetzen handelt es sich bei der VOB/B um ein Vertragswerk, das den Parteien eines Bauvertrags zur Verfügung steht – es ist also kein Gesetz, sondern ein Standardwerk, das einbezogen werden kann, aber nicht muss. Wird sie einbezogen, wird sie als Allgemeine Geschäftsbedingungen behandelt. Ohne ausdrückliche Vereinbarung entfaltet die VOB/B keine Wirkung.

Die Einbeziehung der VOB/B – Ein Muss für öffentliche Auftraggeber, eine Option für private Auftraggeber

Es gibt einen entscheidenden Unterschied in der Praxis: Öffentliche Auftraggeber sind gesetzlich verpflichtet, die VOB/B in ihre Verträge einzubeziehen. Dies liegt daran, dass öffentliche Ausschreibungen strengen Vergaberechtsvorschriften unterliegen, die die VOB/B als standardisierte Grundlage für Bauverträge festlegen.

Private Auftraggeber hingegen haben die freie Wahl: Sie können entscheiden, ob sie die VOB/B in ihren Vertrag einbeziehen wollen oder nicht. Es können auch nur einzelne Regelungen einbezogen oder bestimmte Vorschriften ausgeschlossen werden. Für eine Einbeziehung genügt grundsätzlich eine einfache Klausel im Vertrag. Anders, wenn der Auftraggeber Verbraucher ist: Soll diesem gegenüber die VOB/B zur Geltung kommen, muss diese bei Vertragsabschluss in Textform übergeben werden!

Das Problem der isolierten Klauseln: Warum kleine Änderungen große Auswirkungen haben können

Ein wichtiger Punkt in der Praxis: Wenn die VOB/B nur in Teilen oder in abgeänderter Form in einen Vertrag integriert wird, verliert sie ihre Funktion als ausbalanciertes Gesamtkonzept. In einem solchen Fall wird jede einzelne Klausel einer sogenannten Inhaltskontrolle unterzogen. Diese Inhaltskontrolle prüft, ob eine Klausel den Vertragspartner unangemessen benachteiligt.

Die Regelungen der VOB/B sind als Allgemeine Geschäftsbedingungen grundsätzlich der sogenannten Klauselkontrolle unterworfen. Das bedeutet, jede Klausel wird genau unter die Lupe genommen, um zu prüfen, ob sie eine Partei unangemessen benachteiligt. Ist das der Fall, fliegt die Klausel raus – und mit ihr die Rechte, die sich daraus ableiten ließen. Und die VOB/B enthält so einige Klauseln, die dieser Kontrolle nicht standhalten. Das hat sich durch die Reform des Bauvertragsrechts durch den Gesetzgeber noch verschärft: Das Bauvertragsrecht wurde zum 01.01.2018 reformiert. Der aktuelle Stand der VOB/B ist älter. Somit konnten bei ihrer Entwicklung die gesetzgeberischen Wertungen nicht einbezogen werden. Es besteht Einigkeit, dass die VOB/B überarbeitet werden muss – wann dies aber stattfinden wird, lässt sich derzeit nicht absehen.

Doch Vorsicht: Der Vertragspartner, der die VOB/B ins Spiel bringt, kann sich nicht einfach auf die Unwirksamkeit einer Klausel berufen. Warum? Weil es treuwidrig wäre, wenn derjenige, der die Klausel selbst auf den Tisch legt, sich später auf die Unwirksamkeit berufen will.

Vereinbaren die Vertragsparteien die VOB/B jedoch vollständig und ohne inhaltliche Änderung, werden die einzelnen Klauseln nicht geprüft. Die Klauseln gelten für beide Seiten genauso, wie sie im Vertrag stehen. Warum ist das so? Nun, der Gesetzgeber geht davon aus, dass die VOB/B im Ganzen ein ausgewogenes Regelwerk darstellt. Wenn jedoch einzelne Klauseln isoliert betrachtet werden, enthält die VOB/B viele Klauseln, die eine Partei unangemessen benachteiligen und damit unwirksam sind.In der Praxis wird die VOB/B – wenn die öffentliche Hand nicht beteiligt ist – fast immer mit inhaltlichen Abweichungen vereinbart.

Was bedeutet das für die Praxis?

Für denjenigen, der die VOB/B in den Vertrag einbringt, bedeutet dies: Er kann sich nicht auf die Unwirksamkeit von Klauseln berufen, wenn die VOB/B in den Vertrag aufgenommen wurde. Der Vertragspartner jedoch kann dies im Regelfall durchaus, wenn diese nach der AGB-Prüfung als unangemessen benachteiligend beurteilt werden. In der Praxis heißt das, dass Bauherren und Auftragnehmer sorgfältig darauf achten müssen, wie sie die VOB/B in ihre Verträge integrieren. Öffentliche Auftraggeber sind dabei auf die VOB/B angewiesen, während private Auftraggeber mehr Flexibilität haben.

Fazit: Die VOB/B ist mehr als nur ein Standardwerk

Die VOB/B ist ein komplexes, aber wichtiges Regelwerk, das bei Bauverträgen eine zentrale Rolle spielt. Sie ist kein Gesetz, sondern ein Vertragswerk, das von den Parteien eines Bauvertrags einbezogen werden kann. Für die Praxis bedeutet das vor allem, dass Bauherren und Auftragnehmer genau prüfen müssen, ob und wie sie die VOB/B in ihre Verträge einbinden – und dass kleine Änderungen an den Standardklauseln große Auswirkungen auf deren Gültigkeit haben können.

Autorin: Rechtsanwältin Karen Faehling

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