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Erst leisten, dann hoffen? Die Bauhandwerkersicherheit nach § 650f BGB: Ihre Absicherung gegen Zahlungsausfälle auf dem Bau

Die Bauhandwerkersicherheit nach § 650f BGB: Die Abschlagsrechnung ist gestellt, erste Leistungen wurden bereits erbracht, das Material ist bestellt und auf eigene Kosten vorfinanziert – doch die Zahlung bleibt aus. Stattdessen reagiert der Auftraggeber mit pauschalen Hinweisen: „Da sind noch Mängel“, „Das muss erst geprüft werden“ oder „Ich gebe das aktuell nicht frei“.

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Die Abschlagsrechnung ist gestellt, erste Leistungen wurden bereits erbracht, das Material ist bestellt und auf eigene Kosten vorfinanziert – doch die Zahlung bleibt aus. Stattdessen reagiert der Auftraggeber mit pauschalen Hinweisen: „Da sind noch Mängel“, „Das muss erst geprüft werden“ oder „Ich gebe das aktuell nicht frei“. Solche Ausflüchte sind im Baualltag keine Seltenheit. Zu selten nutzen Auftragnehmer die Möglichkeit, eine Bauhandwerkersicherheit nach § 650f BGB zu fordern.

Gerade in dieser Phase – wenn die Arbeiten noch nicht abgeschlossen sind – besteht für Bauunternehmen und Handwerksbetriebe ein erhebliches wirtschaftliches Risiko. Wer ohne vertragliche oder gesetzliche Absicherung weiterarbeitet, riskiert, bei ausbleibender Zahlung auf offenen Forderungen und Kosten sitzenzubleiben.

Dabei stellt das Gesetz ein wirksames Instrument bereit: die Bauhandwerkersicherheit nach § 650f BGB. Sie ermöglicht es Unternehmern, bereits vor oder während der Bauausführung eine Sicherheit für die noch offene Vergütung zu verlangen – unabhängig davon, ob die Leistung bereits vollständig erbracht wurde.

In diesem Beitrag zeigen wir, wie Sie Ihre Vergütung rechtlich wirksam absichern – bevor Zahlungsausfälle zur ernsten Bedrohung werden.

Was ist die Bauhandwerkersicherheit?

Die Bauhandwerkersicherheit ist ein gesetzlich geregelter Anspruch, mit dem Bauunternehmer vom Auftraggeber eine Sicherheitsleistung für die vereinbarte, aber noch nicht gezahlte Vergütung verlangen können. Ziel ist es, sich gegen das Risiko abzusichern, dass die Zahlung nach erbrachter oder begonnener Leistung ganz oder teilweise ausbleibt.

Rechtsgrundlage: § 650f Abs. 1 BGB
Der Unternehmer kann vom Besteller für die zu erbringende oder erbrachte Werkleistung eine Sicherheit für die vereinbarte und noch nicht gezahlte Vergütung verlangen […].

Der Anspruch besteht unabhängig von der Größe des Bauvorhabens oder der Bonität des Auftraggebers. Gerade bei größeren Projekten oder bei wirtschaftlich unsicheren Bestellern ist er jedoch besonders wichtig, um das eigene Forderungsausfallrisiko zu minimieren.

Der Auftragnehmer kann die Sicherheit bereits vor Beginn der Bauarbeiten, aber auch während der Ausführung oder nach Abschluss verlangen – solange die Vergütung (ganz oder teilweise) noch offen ist.

Wer ist berechtigt, eine Bauhandwerkersicherheit zu verlangen?

Den Anspruch auf Bauhandwerkersicherheit kann jeder Unternehmer geltend machen, der Bauleistungen im Sinne des § 650a BGB erbringt. Er besteht unabhängig davon, ob er direkt vom Bauherrn beauftragt wurde oder als Nachunternehmer tätig ist. Dazu zählen zum Beispiel Handwerksbetriebe aus dem Rohbau, Ausbau oder dem Garten- und Landschaftsbau.

Auch Architekten und Ingenieure sind nach § 650q BGB anspruchsberechtigt, wenn sie im Zusammenhang mit einem Bauvorhaben Leistungen erbringen.

Gegen wen richtet sich der Anspruch?

Der Anspruch auf Bauhandwerkersicherheit richtet sich grundsätzlich gegen den Besteller des Bauvertrags – unabhängig davon, ob es sich um einen privaten Bauherrn, einen Bauträger oder ein Bauunternehmen handelt.

Gegen Verbraucher besteht der Anspruch nur dann, wenn ein Bauvertrag vorliegt, der nicht als Verbraucherbauvertrag im Sinne des § 650i BGB einzustufen ist (z. B. bei kleineren Einzelgewerken).

Gegen öffentliche Auftraggeber – etwa Bund, Länder, Kommunen oder sonstige juristische Personen des öffentlichen Rechts – ist der Anspruch auf Bauhandwerkersicherheit ausgeschlossen.

In welcher Form kann die Bauhandwerkersicherheit geleistet werden?

In der Praxis wird die Sicherheit in der Regel in Form einer Bürgschaft eines Kreditinstituts oder Versicherers geleistet. Das Gesetz erkennt daneben auch andere Formen als zulässig an, etwa die Hinterlegung eines Geldbetrags oder die Verpfändung von Forderungen oder Wertpapieren. Dabei hat der Auftraggeber ein Wahlrecht, welche Form der Sicherheit er zur Verfügung stellt.

Nicht ausreichend sind dagegen bloße Zahlungsversprechen, die keine rechtlich wirksame Sicherung darstellen.

Wie und in welchem Umfang kann der Unternehmer den Anspruch geltend machen?

Der Anspruch auf Bauhandwerkersicherheit kann jederzeit geltend gemacht werden, sobald ein Bauvertrag über eine Bauleistung abgeschlossen wurde. Dies unabhängig davon, ob der Unternehmer mit den Arbeiten bereits begonnen hat, diese noch bevorstehen oder sogar bereits abgeschlossen sind.

Dabei ist dem Besteller eine angemessene Frist zur Stellung der Sicherheit zu setzen.

Die Sicherheit ist in Höhe der vereinbarten und noch nicht gezahlten Vergütung zu leisten, einschließlich etwaiger Nachträge, bereits erbrachter Abschlagsleistungen und der hierauf entfallenden Umsatzsteuer. Zusätzlich kann der Unternehmer eine Sicherheit für Nebenforderungen in Höhe von 10 % der gesicherten Hauptforderung verlangen.

Einwendungen wegen angeblicher Mängel berechtigen den Besteller nicht, die Stellung der Sicherheit zu verweigern. Das gilt auch dann, wenn die behaupteten Mängel noch nicht abschließend geprüft oder behoben sind.

Was tun, wenn der Auftraggeber die Sicherheit nicht stellt?

Kommt der Auftraggeber der Aufforderung zur Stellung einer Sicherheit nicht fristgerecht nach, hat der Unternehmer wertvolle und rechtlich gesicherte Handlungsmöglichkeiten. Denn § 650f Abs. 2 BGB stellt klar: Verweigert der Besteller die Sicherheitsleistung, ist der Unternehmer rechtlich dazu berechtigt, seine Interessen entschlossen zu schützen.

Zum einen ist der Unternehmer berechtigt, die weitere Ausführung der Arbeiten einzustellen. Der Auftragnehmer muss nicht weiter tätig werden, solange keine Sicherheit gestellt wird. Auf diese Weise kann vermieden werden, dass der Unternehmer fortlaufend Leistungen erbringt, ohne abgesichert zu sein und am Ende womöglich leer ausgeht.

Zum anderen liegt ein Kündigungsgrund vor: Der Unternehmer darf den Bauvertrag außerordentlich kündigen, wenn der Auftraggeber trotz angemessener Fristsetzung keine Sicherheit leistet. Diese Kündigung bedarf keiner weiteren Voraussetzungen – die Nichterfüllung allein genügt.

Für die Praxis bedeutet das: Wer frühzeitig eine Sicherheit verlangt, hält sich die Möglichkeit offen, sich kontrolliert aus einem wirtschaftlich gefährdeten Projekt zu lösen – ohne Leistungspflicht, ohne Verzögerungsfolgen, aber mit weiterbestehendem Anspruch auf Vergütung der bis dahin erbrachten Leistungen.

Wichtig ist, dass die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind: Die Frist zur Stellung der Sicherheit muss angemessen sein, und die Reaktion des Unternehmers – sei es Leistungsverweigerung oder Kündigung – sollte klar und dokumentiert erfolgen.

Fazit: Sicherheit aktiv einfordern – bevor es zu spät ist

Die Bauhandwerkersicherheit nach § 650f BGB ist ein zentrales Schutzinstrument für alle am Bau tätigen Unternehmer. Wer seine Rechte kennt und konsequent durchsetzt, kann Zahlungsausfällen wirksam vorbeugen – und gefährliche Liquiditätsengpässe vermeiden.

Unsere Empfehlung: Verlangen Sie die Sicherheit frühzeitig – noch bevor die erste Lieferung erfolgt oder die Baustelle eingerichtet wird.

Die Geltendmachung einer Sicherheit sollte nicht als Zeichen von Misstrauen gegenüber dem Auftraggeber verstanden werden. Vielmehr trägt der Auftragnehmer regelmäßig erhebliche Vorleistungen – etwa durch Materialbeschaffung und Personalbindung – und geht damit wirtschaftlich in Vorlage. Die Sicherheitsleistung bringt die Interessen beider Vertragsparteien in einen angemessenen Ausgleich: Sie schützt den Unternehmer vor Zahlungsausfällen und trägt gleichzeitig dem Interesse des Auftraggebers Rechnung, indem der Unternehmer die Kosten der Sicherheit – etwa Avalgebühren – bis zu 2 % des gesicherten Betrags zu übernehmen hat.

Sie möchten Ihre Ansprüche durchsetzen oder prüfen lassen, ob und in welcher Höhe Sie eine Bauhandwerkersicherheit verlangen können? Unsere Kanzlei ist spezialisiert auf privates Baurecht und Werkvertragsrecht – regional und bundesweit.

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Autorin: Karen Faehling, Rechtsanwältin – alpha Rechtsanwälte PartG mbB

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